Kolumnen

Airfryer unser! – 02.08.2025

Aus irgendeinem abstrusen Grund fühle ich mich bei diesen Sommerfesten regelmäßig bemüßigt, nicht über den neuen Christian-Kracht-Roman, den Skandal rund um die Epstein-Files oder geopolitische Brandherde zu plaudern, sondern Kurzreferate über die fulminanten Vorteile eines Airfryers zu halten. Wie unkompliziert in der Handhabe, wie saftig das Thymian-Zitronenhendl nicht damit werde, diese herrliche Erfindung sei quasi ein portables Backrohr. Was kürzlich zur frechen Gegenfrage eines Missionsresistenten führte: „Warum sollte ich mit einem Backrohr spazieren gehen wollen?“ Wenn ich mit meinem Aperolchen in der Hand zu meinen unbezahlten Promotionergüssen ansetze, verdrehen schon manche Partygäste die Augen, lassen einen Seufzer los, der den Untertitel „Nicht schon wieder! Diese arme Irre!“ trägt, und wechseln mitleidigen Blickes den Standort. Es ist ja tatsächlich erbärmlich. Bin ich Bree Van de Kamp, der rothaarige Putzteufel aus „Desperate Housewives“, dass ich keine anderen Themen habe? Aber vielleicht hat die Flucht in solche Alltagsbanalitäten tatsächlich psychotherapeutische Wirkung: Man pilgert in solche banalen Niedlichkeitszonen, um eine Flucht von der Realität anzutreten. Der Nachrichtenkonsum hat ja inzwischen nur mehr verstörende Wirkung. Gegenwärtig ist auch Hochsaison für Hobby-Gemüsegärtner, die unablässig ihre körbchengroße Tomatenernte aus Balkonien posten. Tomaten sind der neue Sauerteig, der ja während Coronistan einen Siegeszug angetreten ist. Alles eine Form von Eskapismus, unterfüttert von Selbstversorger-Romantik. Schlimmer als alle anderen und richtig radikal sind jedoch die Thermomix-Besitzer. Wenn ich mich als Botschafterin der Airfryer-Bewegung verstehe, dann sind diese Thermomixer Hardcore-Sektierer. Man müsse überhaupt nichts mehr machen, schmeiße die Zutaten nur hinein, es koche sich alles von selber. Eine Art KI-Küche. Entsetzlich seelenlos. Es lebe Airfryer mio!