Kolumnen

 

Bitte keine adorierenden Funsen! – 19. 6.

Im Rahmen der Otto-Schenk-Festspiele eine TV-Doku gesehen, die mich anrührte. Auch weil der Schenk  das Meisterwerk aller Publikumslieblinge darstellt. Der Publikumsliebling,  eine im Aussterben begriffene Species, ist ja sowas wie nationales Eigen- und Heiligtum. Jeder Taxler, jede Wurstverkäuferin, jeder Vorstadt-Strizzi liebt diese Publikumslieblinge, als ob sie Verwandte wären, die man eigentlich viel zu selten sieht. Viele kennen […]


Das Trost-Terrorkommando – 4. 7. 2020

Es tagt das Scharfgericht. Der arme Nennen-wir-ihn- Michi wurde von seiner Frau verlassen. Unter Zurücklassung zweier wild pubertierender Töchter. Große Empörung, vor allem unter den Frauen im Freundeskreis. In seiner Wehrlosigkeit wird er umsorgt, dass man am liebsten amnesty national mit einem Mann-in-Not-Ruf kontaktieren wollte. Hühnersuppe, So-eine-hat-einen-wie-dich-gar-nicht-verdient-Lamentos, auch viel Geschrei á la „Wie konnte sie […]


Leicht angeschickert und keine Termine- 26.6.

Das Sonntag-Mittagessen. In der Rock’n’Roll-Phase meines Lebens eine völlig unterschätzte, wenn nicht sogar mit Verachtung  (weil zu spießig) bedachte Institution.  Inzwischen habe ich den Mittags-Club gegründet, denn mein Versorger-Gen steht seit dem Auszug des Fortpflanzes unbenützt in der Garage und braucht eine Spielwiese. Jetzt müssen meine Freunde dran glauben. Das Kind würde jetzt einwerfen: „ […]


Sneaker-Terror in Berlin – 02.03.2019

Der Fortpflanz kennt keine Gnade – prinzipiell nicht und schon gar nicht beim Erwerb von Sneakern. Ich wusste bis jetzt nicht, dass Sneaker zu einer Art Religion geworden sind. Jetzt arbeitet das Kind in Berlin in einer Firma, in der Begriffe wie „moodboards”, „goal setting -dialogue” und „pre-meeting” wie zum täglichen Soyalatte Decaf Vanilla gehören. […]


Mel und die Möbeltherapie – 04.03.2017

Die Oscars sind zwar schon längst wieder Geschichte, aber mir ist noch immer flau im Magen, wenn ich an das Szenario denke: Mel Gibson, weltberühmt wegen seiner Alkoholexzesse und antisemitischer  Entgleisungen, geht über den roten Teppich und zieht die schüchtern blickende Mutter seines neunten Kinds hinter sich her. Rosalind Ross ist 24, Gibson 59. Sie […]


Gute Reise, Mrs. Jones! – 25.02.2017

Ich hatte sie über die Jahrzehnte aus den Augen verloren, dabei hatte ich ihr soviel Wien zu verdanken gehabt, als ich Anfang 20 aus dem Provinzstädtchen in die Stadt gespült kam. Ich berichtete damals für eine popelige kleine Kunstzeitung vom Galeriegetriebe. In ihre Umarmung purzelte ich, weil sie die Anwaltskanzlei ihres völlig unanwaltigen Gatten damals […]


Die Dauerbeleidigte – 18.02.2017

Du bist schon drei Wochen wieder zurück?!?! Und hast immer noch nicht angerufen? Was bist denn du für eine Freundin!“ „Eine zögerliche in deinem Fall“, dachte ich mir, denn K zwar unglaublich intelligent, deswegen inspirierend, durchaus warmherzig, aber auch extrem mühsam. K gehörte zu der Menschheitsspezies der Dauerbeleidigten. In ihr war irgendein Chip eingebaut, der […]


V-Day-Strategien – 11.02.2017

Rücksichtslos. Unsensibel. Überzuckert. Lächerlich. Und penetrant. Na, dieser Valentinstag-Tsunami im Werbe-TV. Ständig purzeln  B-Models mit windzerzauster Mähne in die Arme von Hipster-Bubis, zuvor  wurden noch nach zerlassenen Gummibärchen riechende Parfüms, Diskonter-Schmuck oder – doppelschwöre –  Gleitcremes als Zeichen der  Zugewandtheit überreicht. Denken diese kapitalistischen Brachial-Romantiker eigentlich auch an jene Menschen, die den zwischengeschlechtlichen Ball gerade […]


Geschäftsmodell Gesprächspuff – 04.02.2017

Das Hotel „Galle Face“ in Colombo kommt einer kolonialistischen Fieberfantasie gleich, doch ich bekam kaum Raum, sie zu genießen. In der Bar setzte sich nämlich ein Engländer so knapp neben mich, dass ich seinem Konversationsbedürfnis nicht entrinnen konnte. Er textete mich über das Wetter, das singhalesische Würzverhalten, den Brexit und das richtige Tropenoutfit in einer […]


Good, good luck! – 28.01.2017

Heute morgen habe ich mich wie eine Led-Zeppelin-Epigonin benommen und in diesem hinreißenden Kolonialkasten in Galle, einer Stadt im Süden Sri Lankas, ein Fenster zertrümmert. Also, ich wollte es eigentlich nur zart öffnen, um die Morgenluft hereinzulassen. Dabei wurde es aus den morschen Angeln gehoben und zerdepperte auf der Feststiege. Die betagten Amis mit den […]


Monika, ach Monika – 21.01.2017

Abends lese ich dem Hoteldirektor manchmal aus meinen alten Niki-Lauda-Interviews vor. An der Stelle, wo Mister Lauda erzählt, dass ihm die italienischen Frauen nach seinen Siegen für Ferrari ihre Kinder zur Segnung hingehalten hatten, sind diesem so hingebungsvollen Fan  stille Tränen über die Wangen  gelaufen. Er beutelt jedoch alle Sentimentalitäten ab, wenn es um seinen […]


Danke, Niki! – 14.01.2017

Ich sitze wie eine siegreiche Feldherrin auf dem Hotelbalkon. Die Schlacht war keine Lercherlpartie gewesen, aber ich hatte sie für mich entschieden: Das Zimmer, nämlich das beste in der Anstalt, erste Reihe fußfrei, „beachfront“, zweiter Stock, war meins. Und diese Fototapete lebte. Inklusive brachialer Wellen und lustiger Affen, die durch die Palmenwipfel turnen. Die Stammgäste, […]


„Running sushis“ der Liebe – 07.01.2017

Anatol, Schnitzlers Beziehungs-Junkie, der hatte noch Stil beim Gemeinsein. Sein zu entsorgendes G’spusi lud er ins Séparée zum Abschiedssouper ein  – zu Champagner und Filets aux truffes. Und hoffte inbrünstig, dass die zukünftige Ex-Annie nicht in Schluchzen ausbrechen würde: „Ich kann das Weinen nicht vertragen – ich verlieb’ mich am Ende von neuem in sie, […]


Glückliche Katastrophen – 24.12.2016

So. Die fette Ente, die bis zuletzt viele Freunde hatte, wie mir der Bio-Bauer versicherte, ist im Rohr. Die Knödel sehen wie immer wie frisch aus dem Rudolf-Steiner-Kindergarten aus. Wahrscheinlich können sie auch ihren Vornamen tanzen. Mein Kind schüttelt wie die „Heidi“-Spaßbremse Fräulein Rottenmeier den Kopf: „Mutter, wenn du nur ein bisschen früher angefangen hättest […]


„Du Instagram-Opfer!“ – 17.12.2016

Facebook, mein freundlicher und doch so durchtriebener großer Bruder, schenkt mir einen Jahresrückblick 2016. Ich sehe mein mild belichtetes Profilporträt, um das sich zu Sphärenklängen die Fotos jener 492 Menschen legen, die in diesem Jahr zu meinen Freunden geworden sind. Ich schätze, dass ich 422 davon im analogen Leben noch nicht einmal getroffen habe. Und […]


Suchtfaktor „Good Wife” – 10.12.2016

Ich bin erledigt. Über 150 Folgen lang habe ich meine Nächte mit Alicia Florrick verbracht. Und jetzt ist die Paragraphenreiterin mit ihren strengen Kostümchen und dem Ich-sehe-zwar-aus-wie-Jacky-K-in-mir-schlummert-aber-ein-Vulkan-Blick in das Serien-Nirwana gedriftet – ohne polterndes Finale, ohne Sonnenuntergänge und nicht an der Hand ihres bindungsparanoiden Cowboys, der sie zehn Folgen lang, bitte um Vergebung, ins Leben […]


A Zigeuna mecht i sein – 03.12.2016

Als am Hietzinger Friedhof Partystimmung herrschte.  Alles Gute zum Hunderter, Omschi“, flüsterte ich und die weißen Rosen wurden nass. Ich hatte sie drei Mal zuvor in der Vase umarrangiert, sie hatte es immer gern sehr ordentlich. Bilder der Kindheit rasten durch meinen Kopf: Mit welcher Engelsgeduld sie mir, dem nicht gerade sportlichsten aller Kinder, das […]


Das Kind schreibt – 26.11.2016

Wie der Fortpflanz Muttchen auf den obersten Wipfel der Palme gebracht hatte.  Das Kind schreit: „Ich will einen Brief an das Christkind schreiben.“ Das Kind ist 22. „Auf welchem Kommunikationskanal?“ – „Ich fühle mich um diese schöne Jahreszeit so wahnsinnig analog und werde mir Büttenpapier aus der Mottenkiste holen.“ Und es begab sich, dass am […]


Wut-Unfälle – 19.11.2016

Wut, Enttäuschung und Autoknaller.  Knnnirsch! Da war es, das Scheuergeräusch, das meinen dritten Blech-Buserer 2016 begleitete. Dem Himmel sei Dank war meine Unfallgegnerin eine reizende Psychologin, die mich besorgt fragte: „Geht’s Ihnen nicht gut?“ – „Nein“, flennte ich los, „es geht mir beschissen. Heute Nacht ist Herr Cohen gestorben und meine ganze Jugend ist  mir […]


„Wir verkühlen uns sehr leicht“ – 12.11.2016

Über den Neid, der sich angesichts Paar-Symbiotikern breit macht.  „Wir essen sehr gerne nicht zu spät.“ – „Wir fahren immer wieder einfach so ins Blaue.“ –  „Wir mögen keine Austern, lieben aber  Risipisi.“ – „Wir haben kürzlich das Wandern entdeckt.“ – „Leider verkühlen wir uns sehr leicht.“ Es ist schön, wenn zwei Menschen zu einer […]


Eine Pussy namens Paul – 05.11.2016

Warum die alle so empfindlich sind. Ich koche!“ brüllte R in den Hörer. „Das weiß ich“, antwortete ich, „will auch nicht lang stören.“ – „Missverständnis: Ich koche vor Wut. Denn der Typ hat gerade wegen Halskratzen abgesagt. Geht’s dem noch irgendwie?“ – „Offensichtlich schlecht.“ – „Ich habe ihn auf dem Handy sofort von Paul auf […]


Ein Engel namens Gustl – 29.10.2016

Auf zu neuen Rettungsankern!  Unlängst in der Riesen-Buchhandlung auf der „Mahü“, so das Wiener Idiom für jene Einkaufsstraße, in der sonst vor allem weiße Turnschuhe und Glitzer-Handyhüllen feil geboten werden. Nach einer Lesung wanderte ich abends mit meiner dortigen Vertrauensperson, der Frau U, durch die menschenleeren Gänge, wo in Stapeln Autoren-Blut in Buchform lag. Da […]


„Des G’schiss mit der Elli“ – 22.10.2016

Aufkommen von Kussgeschehen. Mein Lieblingswort der Woche ist „Kussgeschehen“. Und das kam so. Aus Liebe zu meiner M hatte ich mich als ihre Begleiterscheinung auf eine Chichi-Party geschleppt. Mir rannen vor Langeweile nahezu die Tränen, bis ich an der Bar neben einem Münchner Kanalgitter-Tycoon zu stehen kam, der gekrümmt wie  eine depressive Sichel am Tresen […]


Keine Gegen-, sondern Zustände – 15.10.2016

Meine Prada-Taschen sind Zeit, Freiheit, vor allem Angstfreiheit. Luxus? Das sind inzwischen längst keine Gegen-, sondern Zustände. Nichts gegen einen Hauch von Pullover aus Wolle von Anden-Bergziegen, die vegan ernährt wurden, Siesta halten durften und einen schicken Vornamen hatten, aber so ein Teil boostet meine Laune nicht wie früher. Meine Prada-Taschen sind Zeit, Freiheit, vor […]


„Du Süden meines Seins” – 08.10.2016

Wenn Männer zu ihren Gefühlen stehen.  Du bist mein alles, mein Universum, meine Droge, der Süden meines Seins, der Engel meines Wollens …“ K räusperte sich und wollte dann Fortfahren mit ihrem Poesie-Durchfall, der eben per SMS eingetrudelt war. Ich war der Ansicht, dass sie auf Lob wartete für diesen neuen Mann in ihrem Leben, […]


Auf der Flucht – 1.10.2016

Ein lehrreicher Nachmittag bei Furchen-Pepi und Calimero in Kaisermühlen. Ich spitzte die Lauscher, als ich im tiefsten Kaisermühlen in einem Wirtshaus zu sitzen kam. „Jetzt hat si’ die glatt was mit dem Flüchtling ang’fangen“, merkte einer der Herren am Stammtisch  an. – „Na, echt jetzt?“ – „Ja, die ditschgerlt jetzt mit so an Syrer, die […]


Keine Liebe mit Meerblick – 24.09.2016

Als Tootsie alles versuchte, um ihre Provision zu retten. Letzte Sommerzuckungen auf Mallorca. M, die hier lebt, und ich zelebrierten gerade zur blauen Stunde in gebotener Ergriffenheit unser 40-jähriges Freundschaftsjubiläum, als unser Gin-Tonic-Hochamt auf dem Marktplatz von Pollença empfindlich gestört wurde. Auf das Gelände stob Tootsie, ein Schlachtschiff von einer britischen Immobilientycoonesse. Strähnen hingen ihr […]


Mit Listen und Tücke – 17.09.2016

Der Fortpflanz rebelliert in Form von Ordnung. Und dann machen wir eine Liste“, sagte das Kind und zückte seinen Block, „Listen sind mein neuer Porno.“ – „Oh Gott! Warst du heimlich in einem Führungskräfteseminar?“ – „Nein, Führungskräfte haben Menschen, die für sie Listen führen.“ – „Was für eine Art von Liste? Mehr so Punkt eins: […]


Keine Apfeltarte, die Ehe – 10.09.2016

Eine Postkarte aus der Provence. Endlich wieder Provence. Man versteht allzu gut, warum die Impressionisten-Racker hier im 19. Jahrhundert ihre Staffeleien positioniert haben. Dieses Spätnachmittags-Licht hat sonst keine Location der Welt im Angebot. Nachmittags gegen sechs im Café de France in Isle-sur-la-Sorgue parkt sich regelmäßig ein 70-plus-Pärchen ein. Die fetten Blumen auf ihrem Kleid erzählen, […]


„Is so” – 03.09.2016

Er wird fehlen, an der Alten Donau. Is so! Geht’s dir noch irgendwie, mein lieber E? Jetzt bist uns einfach abgehaut. Und ich kann es nicht fassen, dass vor deinem Hausboot  eine Grabkerze brennt, dass du nie wieder dein noch nicht ganz taufrisches Ponem am mittleren Morgen aus der Tür in die Sonne streckst und […]


„Ich dich auch, du Luder!” – 27.08.2016

November im August und meine rettungslose Verliebtheit in Altaussee. Es schiffte, Nebelschwaden waberten, die Temperaturanzeige am Armaturenbrett signalisierte neun Grad, als ich über den Pötschen tuckerte. „Altaussee, geht’s noch? Das kann jetzt nicht dein Ernst sein“, tadelte ich präventiv das Kaff, in dem ich beschlossen hatte, mein Wochenende zu verbringen. Eine Entscheidung, die ich in […]


Boxenstopp von Guns N’Roses – 20.08.2016

Mitgliedschaftsansuchen beim Club der Vernünftigen. Polly Adler bettelt um etwas Langeweile. Na servas, da schaut’s ja aus, als ob die Guns N’ Roses einen Boxenstopp eing’legt hätten“, sagte mein Nachbar, der Kurti, als ich etwas devastiert das Leergut der letzten Nacht einsammelte. „Wohl a bissl an Besuch g’habt, Polly“, merkte die Queen unserer Kabanensiedlung an […]


Sexuelle Gefahr 13.08.2016

Der Sommer macht uns nicht schöner – denn wir sind nicht Sharon Stone. „Wolkerlspeck“, sagte sie und kniff mir in den Oberschenkel. Das war der schöne Wiener Ausdruck für das hässliche Dellenaufkommen. In der Kategorie „Poetische Namen für Grauslichkeiten aller Art“ nur noch zu übertreffen von der „Warnzwetschke“, wie mein Trafikant die Teerlunge auf den […]


For Love Alone – 06.08.2016

Manchmal ist es nicht Liebe sondern Methode bei der Partnerwahl. Es war ein gespenstischer Anblick. Auf dem Küsschen-gut-siehst-du-aus-Parkett standen sich zwei prominente Männer gegenüber, ihre Frauen dicht an sie geschmiegt. Das Paradoxon: Der eine hatte die geschiedene Gattin des anderen geheiratet. Und die neue Liebste des Ex sah aus wie eine Raubkopie der abgelegten Ehefrau, […]


Beziehungsar­beit – 30.07.2016

Eine erfolgreiche Entfremdungs-Präventions-Maßnahme an der Alten Donau. Sonnenblumen in der Vase, „Mochi“-Futter satt (der Lieblingsjapaner meiner Verabredung), Minzblättchen ins Soda, den Blick auf die Alte Donau noch schnell nachpoliert: Ich bin im Behübschungsstress. Noch zehn Minuten, dann kommt mein Date in die Sommerparzelle. Bitte werfen Sie mir jetzt nicht gleich die Nerven weg, wirklich kein […]


In Madonnas Rachen – 23.07.2016

Polly Adler über Instagramitis und Likemania. Der HNO-Arzt leuchtete in Madonnas Rachen. Der Kameramann filmte wie selbstverständlich mit. Eine Szene aus der Doku „In Bed With Madonna“. Warren Beatty,  Madonnas Spielgefährte, kam aus dem Kopfschütteln nicht heraus: „Ich kann es nicht fassen, du lässt das mitfilmen – aber warum wundert mich das!? Ein Leben jenseits […]