Kolumnen

Boxenstopp von Guns N’Roses – 20.08.2016

Mitgliedschaftsansuchen beim Club der Vernünftigen. Polly Adler bettelt um etwas Langeweile.

Na servas, da schaut’s ja aus, als ob die Guns N’ Roses einen Boxenstopp eing’legt hätten“, sagte mein Nachbar, der Kurti, als ich etwas devastiert das Leergut der letzten Nacht einsammelte. „Wohl a bissl an Besuch g’habt, Polly“, merkte die Queen unserer Kabanensiedlung an der Alten Donau  trocken an, als sie auf das Tischarrangement blickte, das man genau so zu Daniel Spoerri überführen könnte – jenem Künstler, der es mit Tableaus kriegsähnlicher Essensarrangements zu Weltruhm gebracht hatte. „Keine Sorge“, beruhigte ich die besorgten Kopfschüttler, „ab genau morgen suche ich wieder beim Club der Vernünftigen um eine Herbst-Mitgliedschaft an.“ Mein Leben hatte tatsächlich etwas Langeweile dringend notwendig. In meinem inneren Auge sah ich  das enttäuschte Gesicht meines TCM-Mediziners, dem ich doch versprochen hatte, basenlastig zu leben und morgens einen Drink aus zerstoßenen Drachenkrallen und getrockneten Mimosen vor den ersten Sonnengrüßen zu nehmen. Ich machte mir eine To-do-Liste für mein neues, berauschend langweiliges Leben: Besuch der Rückenschule, statt ganzen Kapaunen Kohlsuppe auf den Speiseplan, feierliche Bestattung aller Nikotinrestbestände, die Rückrufbitten meiner Steuerberaterin ernst nehmen, temporäre Reduktion jeglicher  Kontakte mit Menschen, deren Geschäftsmodell „Unfug aller Art“ lautet. Stattdessen Teestunden mit Leuten, die es gerne gemütlich haben und Sätze wie „Ich habe meine Mitte gefunden“ von sich geben. Beim Erstellen der Liste schlief ich ein. Und hörte im Traum den Herrn von Doderer raunen: „Exzesse sind das Schlimmste nicht. Sie machen deutlich.“ Auch der Wilde Oscar meldete sich zu Wort: „Mäßigung ist  eine verhängnisvolle Sache. Nichts ist so erfolgreich wie der Exzess.“ Ich kläffte zurück: „Ihr zwei Hübschen habt’s jetzt einmal Sendepause.“